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Stil-Ikone in T-Shirt, Trucker-Cap und Camo-Short? Gestatten, Pharrell Williams. Der erste selbsternannten Nerd auf dem GQ-Cover und wahrscheinlich die coolste Sau der Welt.
Am 05. April 1973 in Virginia Beach beginnt die eindrucksvolle Geschichte vom durchschnittlichen Mittelklassekind, das dank kompromisslosem Style zu einem der einflussreichsten Musikschaffenden des 21. Jahrhunderts avanciert. Den Grundstein für seine musikalische Karriere, an die sich der Werdegang zum Superstar und zur Stil-Ikone anschließt, legt das Zusammentreffen mit dem aus den Philippinen stammenden Chad Hugo in einem Workshop für hochbegabte Jugendliche an der High School von Virginia. Eigentlich die ganz klassische Story: Zwei Musikverrückte treffen sich und bugsieren sich gegenseitig in neue Dimensionen. Wo die einen jedoch Grenzen erkennen müssen, beginnt bei Chad und Pharrell die gegenseitige musikalische Befruchtung erst.
In der High School zimmern Pharrell und Chad ihre ersten Beats. Pharrell rappt außerdem und kann sich schon in jungen Jahren über eine akzeptable Singstimme freuen. Was in rückblickender Betrachtung dem schieren Wahnsinn gleicht, soll Pharrell sogar eine zeitlang mit Produzentengott Timbaland und dem Rapper Magoo ein und derselben Band angehört haben. Unter dem Namen Surrounded by Idiots treiben die Jungs für kurze Zeit in Virginia ihr Unwesen. Wer einmal in den Genuss dieser raren Tracks kommt, sollte sich jedoch nicht über fehlende Synthesizer wundern. Pharrell hatte sich Anfang/Mitte der Neunziger voll und ganz den Tönen von A Tribe Called Quest, Jungle Brothers, De La Soul und Rakim verschrieben. Dementsprechend klingt auch der Sound der heutigen Meisterriege des elektronischen Hip Hops. Surrounded by Idiots trennen sich jedoch, und Pharrell widmet fortan seine gesamte Zeit der Teamarbeit mit Chad Hugo.
Trotz des schwierigen Standortes Virginia Beach - die Neptunes-Rapper Clipse sprechen einmal von "not low enough to be Dirty South and not high enough to be East Coast" - bekommen Pharrell und Chad den Fuß in die Business-Tür. Tatkräftige Unterstützung leistet hierbei der New Jack Swing-Pionier Teddy Riley, der die Neptunes unter seine Fittiche nimmt. Nach der gemeinsamen Arbeit für die R'n'B-Truppe SWV kommt es zum Kontakt mit Sean "Diddy" Combs, der die Jungs auf der Stelle für die Produktion von Total und Ma$e verpflichten will.
Dem zuvor kommt jedoch der Track "Superthug" von Noreaga - die ersten Neptunes'schen Synthiewalzen rollen über die Hip Hop-Welt hinweg. Begeisterung macht sich breit, die Übernahme erst des Genres, dann der ganzen Musikwelt kann beginnen. Es folgen Produktionen für so ziemlich jeden Artist, der sich im Laufe der Zeit einen Namen machte. Ein kleiner Auszug: LL Cool J, Ol' Dirty Bastard, Babyface, Busta Rhymes, Kid Rock, Ludacris, Mary J. Blige, Mystikal, Nas, Jay-Z, Ja Rule, Common, Guru, Prince, Snoop Dogg, Nelly und so weiter und so fort.
Damit nicht genug. Die Produktion der Single "Girlfriend" für die Boygroup *N Sync eröffnet den Neptunes das Tor zur weiten - und vor allem goldenen - Welt des Pops. Und dort warten schon die hungrigen Sängerinnen und Sänger auf eine Produktion. Der Grund liegt nahe: Sie haben sich zum sicheren Hitgaranten gemausert. Am eigenen Leib dürfen das Justin Timberlake, Britney Spears, Gwen Stefani, Destiny's Child und viele andere mehr spüren. Weichei-Pop heißt das aber noch lange nicht für das Duo. Als Gegengewicht für die Pop-Produktionsarbeit gründen Pharrell und Chad mit Shay am Mikro das Trio N.E.R.D. Und hier werden musikalisch gar keine Gefangenen gemacht. Auf der ersten Scheibe "In Search Of ... ", 2001, schlackern den Hörern vor lauter Synthie-Geballer nur noch so die Ohren. Auf der Zweitauflage "In Search Of ... (New Version)" spielen die Jungs das komplette Album mit Live-Instrumenten nach und ziehen schließlich sogar die Riege der Gitarrenfreunde auf ihre Seite.
Der Rummel um die Neptunes steigt ins Unermessliche, verbeißt sich aber zum größten Teil an der Person von Pharrell Williams. Der lässt sich davon jedoch nicht verunsichern und hält sich überzeugt weiterhin für nicht viel mehr als einen Nerd. Seine außergewöhnliche Stimme, die er größtenteils im Falsett-Style zum Besten gibt, spricht dahingehend jedoch eine ganz andere Sprache. Nach zahlreichen Hooklines gönnt sich Pharrell auf der Label-Compilation des eigenen Labels Star Trak Music, die 2003 erscheint, schließlich seinen ersten eigenen Song. Und prompt stolziert auch "Frontin'" mit 16 Zeilen vom Jiggaman in vorderen Chartsregionen.
Spätestens jetzt setzt die Öffentlichkeit das Produzententeam Neptunes mit
Pharrell Williams gleich und lastet dem Styler vor dem Herren - zugegebenermaßen meistens zu Recht - jede Synthieline an, die sich in den oberen Regionen der Charts tummelt. Nachahmer gibt es viele, aber keiner lässt es so krachen, wie die Neptunes. Der Erfolg steigert weiterhin das öffentliche Interesse, 2005 adelt das Modemagazin Esquire den selbsternannten Nerd schließlich zum "best dressed man in the world".
Und Pharrell? Der macht weiterhin in Camo-Short, T-Shirt und selbstdesignten Sneakers Musik und veröffentlicht Ende 2005 die Single "Can I Have It Like That" als Teaser für sein Solo-Debüt "In My Mind". Die Single funktioniert. Nicht zuletzt wegen der Zusammenarbeit mit Gwen Stefani, mit der Pharrell zu Beginn des Jahres ja schon mit "Hollaback Girl" einen der Hits des Jahres hatte. Was vielmehr verwundert ist, dass sich Pharrell auch als respektabler Rapper behaupten kann. Sein Album besteht nämlich zu 50 Prozent aus Rap-Tracks und zur anderen Hälfte aus R'n'B-Stücken. Das reimende Alter Ego Lil' Skateboard P wechselt sich also mit Falsett-Pharrell ab und zaubert einen gelobten Einstand für die Solo-Karriere. Was als nächstes kommt, ist genauso unabsehbar wie der Einfluss, den Pharrell mit seinem Partner Chad Hugo für die kontemporäre Musikentwicklung tatsächlich geleistet hat.
Fakt ist: Pharrell hat sich, von seiner teils umstrittenen musikalischen Genialität einmal abgesehen, als Stil-Ikone etabliert. Designeraufträge für Louis Vuitton, Jacob The Jeweler, etliche eigene Klamottenmarken (Billionaire Boys Club, Ice Cream) und Fotoshoots in edelstem Zwirn für die Hochglanzmagazine der Welt sind dafür Beweis genug.
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